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Relevanzanalyse – Das tun, was dem Unternehmen nutzt 10. Februar 2011Sinkende Nachfrage zwang das Management eines Unternehmens, die Situation nachhaltig zu überdenken. Die Kosten drückten, die Erträge sanken. Prozesse, wie z. B. Simultaneous Engineering und Optimierung der Logistik sollten in ein groß angelegtes Lean-Management-Projekt einmünden. Die organisatorischen Veränderungen waren in vollem Gange. In dieser Situation stellte sich der betriebliche Bildungsbereich die Frage nach den richtigen Arbeitsinhalten. Waren die eingesetzten Instrumente zur Personalentwicklung und –qualifizierung noch geeignet, die aktuellen Unternehmensziele zu unterstützen?
Veränderungen im Markt hatten zur Folge, das seitens des Unternehmens sowohl auf der Kosten- als auch auf der Marktseite gehandelt werden musste. Laufende Projekte in der Fertigung, im Vertrieb, in der Logistik und in der Entwicklung waren zu wenig aufeinander abgestimmt. Die organisatorischen Schritte, hier etwas zu ändern, wurden eingeleitet. Die Personalentwicklung stellte sich die Frage, ob die eingesetzten Qualifizierungsinstrumente noch geeignet waren, die aktuellen Unternehmensziele zu unterstützen. Die wichtigsten aktuellen Unternehmensziele waren.
Eine Projektgruppe bearbeitete zunächst die Frage, mit welchem Erfolg Ziele bisher umgesetzt wurden und was dabei die hemmenden und fördernden Faktoren waren. Ergebnis war die Erkenntnis, das es sehr unterschiedliche Erfolgsquoten gab; zum einen Projekte, die sehr professionell und erfolgreich realisiert wurden. Und zum anderen auch Projekte, die nicht vorankamen und am Ende gar eingestellt wurden. Was waren nun die Gründe für Erfolg oder Misserfolg bei der Umsetzung von Unternehmenszielen? Waren die Projekte kongruent, d. h. im Einklang mit dem Unternehmenszweck, der Philosophie (Vision), den ungeschriebenen Gesetzen? Da die unternehmerische Vision nicht formuliert war, ergaben sich in der laufenden Arbeit hier keine Ansatzpunkte für weitere Erkenntnisse. Anders verhielt es sich bei den offenen und verdeckten Regeln, dem Verhaltenskodex und den ungeschriebenen Gesetzen. Die Projektgruppe initiierte eine Befragung, bei der sich der folgende Kontext ergab: Mitarbeiter und Führungskräfte empfanden das Unternehmen als in der Region verhaftet und gleichzeitig auch der Region verpflichtet (Sponsoring, Arbeitsplätze usw.). Darüber hinaus war man sehr stolz auf eine technische Innovation, die den Produkten des Hauses einen spezifischen Charakter verlieh und die sich bereits seit vielen Jahren bewährt und in den Märkten etabliert hatte. Die Ergebnisse der Untersuchung machten die Gründe für zurückliegende Erfolge bzw. Misserfolge sichtbar. So steht der Kontextanspruch „regionale Verbundenheit“ im starken Widerspruch zum Ziel, Exportanteile zu steigern. Auch wurde deutlich, warum die Entwicklung und Markteinführung von Produkten, die auf Grundlage der weiter oben benannten technischen Innovation vonstatten ging, einen reibungslosen Verlauf nahmen, während Produkte, die auf einem anderen technischen Prinzip aufgebaut wurden, scheiterten. Unternehmensziele, die zum Kontext passen, lassen sich mit einem erheblich geringeren Aufwand umsetzen – ein gewichtiger Grund für die Durchführung einer Relevanzanalyse. Der nächste Arbeitsschritt für die Projektgruppe bestand darin, herauszufinden, welches Verhältnis zwischen dem Kontext und den aktuellen Unternehmenszielen bestand. Dazu wurden die Ziele in drei Kategorien eingeteilt: Kontext-Positiv: Ziele, die gut zum Kontext passten. ![]() Abbildung 6: Kontext-Beziehungen Die Kontext-Positiv-Ziele:
Die Kontext-Neutral-Ziele:
Die Kontext-Negativ-Ziele:
Obwohl sich die Kostenziele nicht ausdrücklich im Widerspruch zum Kontext verhielten, wurden sie als Kontext-Negativ eingestuft. Grund war, das in der gesamten Unternehmensgeschichte weder von den Führungskräften noch von den Mitarbeitern in besonderer Weise Kostenbewusstsein gefordert wurde. Entsprechend fehlte das Verständnis für dieses Thema mit der Folge, dass die Umsetzung von Kostenzielen einen voraussichtlich recht hohen Aufwand erfordern würde. Als nächstes stellte sich der Projektgruppe die Frage, ob die Arbeit der Personalentwicklung darauf ausgerichtet war, die geltenden Unternehmensziele zu unterstützen. Dabei sollte die Ziel-Kontext-Beziehung zunächst unberücksichtigt bleiben. Die würde erst dann wieder eine Rolle spielen, wenn die Arbeitsinhalte zur Bewertung bzw. Entscheidung anstehen. Im Workshop wurden die Arbeitsinhalte der Personalentwicklung betrachtet. Dabei standen nicht nur die aktuell ausgeübten Tätigkeiten im Blickfeld sondern auch alternativ mögliche Arbeitsfelder. Hier die aktuell ausgeübten Arbeitsfelder: Berufsausbildung: Externe Seminare: Interne Seminare/externe Referenten: Diplomanden/Praktikanten: Führungsnachwuchs: Und hier die alternativ möglichen Arbeitsfelder, die bisher aufgrund vorhandener Ressourcen und anders gesetzter Prioritäten nicht besetzt waren: Interne Seminare/interne Referenten: Karriereplanung: Job Rotation: Coaching: Beratung: Die nächste Aufgabe der Projektgruppe lag darin herauszufinden, wie gut die einzelnen Aufgaben zu den Unternehmenszielen passen. Dazu bediente man sich des Kepner/Tregoe-Ansatzes. Zunächst wurden Mussziele (k.o.-Kriterien, d. h. Arbeitsfelder, die dieses Kriterium nicht erfüllen, fallen sofort aus allen weiteren Überlegungen heraus) gesucht. Die Projektgruppe entschied sich für ein Mussziel: Sofern ein Arbeitsfeld – gemessen am momentanen Status – zusätzliche Kosten verursacht, wird es sofort aus der Tätigkeitsliste der Personalentwicklung gestrichen. Als nächstes wurden die Unternehmensziele nach Bedeutung priorisiert. Entsprechend der eingeschätzten Bedeutung erhielten die Ziele zwischen einem und zehn Gewichtungspunkte. Die beiden Kostenziele erhielten zehn Gewichtungspunkte, die anderen Ziele erhielten jeweils drei Gewichtungspunkte. Nun wurden die Arbeitsfelder und ihr Beitrag zum jeweiligen Unternehmensbeitrag gemessen, d. h. es wurde der Grad ermittelt, zu dem ein bestimmtes Arbeitsfeld ein Ziel entweder negativ oder positiv beeinflusst. Die Skala der Gradzahlen bewegte sich zwischen –10 (besonders negativ) und +10 (besonders positiv). Danach wurden Gewichtungspunkte und Gradzahl multipliziert, so dass sich ein Resultat mit einem Wert ergab. Das mag jetzt in der Beschreibung ein wenig kompliziert erscheinen, ist aber ein recht gut nachvollziehbares und logisches Verfahren. Die Resultate der Projektgruppe qualifizieren den Nutzen einzelner Arbeitsfelder der Personalentwicklung hinsichtlich der aktuellen Unternehmensziele. Hier die Resultate: ⇒ Resultat = + 180 Arbeitsfeld Coaching (111) ( ) Kritische Punkte
Abbildung 7: Nutzenbeiträge der Arbeitsfelder Soweit zur Priorisierung. Die in Klammern benannten kritischen Punkte ergeben sich als Folge der Kontextanalyse. So hat das Arbeitsfeld Coaching mit einem Resultat von + 180 den ersten Platz mit dem höchsten potenziellen Beitrag zu den Unternehmenszielen erhalten, allerdings stammt davon ein Teilresultat von 111 aus Kontext-Negativ-Zielen. Wenn also das Arbeitsfeld Coaching eingeführt werden soll, so wäre von betrieblichen Widerständen und entsprechenden Umsetzungsproblemen auszugehen. Im Vergleich leistet das Arbeitsfeld Beratung mit dem Resultat 0 und dem sechsten Rang einen deutlich niedrigeren Beitrag zu den Unternehmenszielen, die Umsetzung dürfte dagegen wesentlich problemloser über die Bühne gehen. Aufgrund der bisher gewonnenen Erkenntnisse begab sich die Projektgruppe in eine abschließende Klausur mit den folgenden Empfehlungen, die sowohl von der Personalentwicklung als in der Folge ebenfalls von der Unternehmensleitung akzeptiert wurden: Coaching: Karriereplanung: Interne Seminare/interne Referenten: Interne Seminare/externe Referenten: Job Rotation: Beratung: Externe Seminare: Berufsausbildung: Führungsnachwuchs: Diplomanden/Praktikanten: Die hier vorgestellte Relevanzanalyse beschreibt einen Auswahlprozess. Es werden zum einen die Aufgabenfelder identifiziert, die einen möglichst großen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leisten. Soweit zum angestrebten Nutzen. Diesem Nutzen steht jedoch ein Aufwand gegenüber. Maßgeblich für diesen Umsetzungsaufwand ist der Kontext. Je mehr Fettnäpfe die Umsetzung behindern, umso aufwendiger ist der Prozess. Die Entscheidung darüber, was nun zur Umsetzung freigegeben wird, orientiert sich am Verhältnis zwischen Nutzen und Umsetzungsaufwand. Die Relevanzanalyse leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele. Damit ist sie an sich schon konsequent-wirtschaftlich ausgerichtet. Wenn die betroffenen Mitarbeiter aktiv an der Relevanzanalyse beteiligt werden, so fördert das auch deren globales Denken und Handeln.
Zum Autor: Hans-W. Behrendsen ist Geschäftsführer des solwic-teams in Hameln. Kontakt: Tel.: 05151/67683; E-Mail: hans-w.behrendsen@solwic.de. | ![]() | ![]() |
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